Ist das der Durchbruch?

"Elektrisches Benzin" Carbazol weckt Hoffnungen

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Neues Verfahren zähmt Wasserstoff - Batterien in E-Autos könnten überflüssig werde.

In Deutschland wird gerade intensiv an einem neuen, hoffnungsvollen Autotreibstoff geforscht. So könnte laut einem Bericht der Fachzeitschrift „Auto Bild“ ein Verfahren, das Wasserstoff zähmt, der Brennstoffzelle zum Durchbruch verhelfen - und Batterien in E-Autos überflüssig machen. Carbazol, so der Name des flüssigen Energieträgers, kann große Mengen an Wasserstoff chemisch speichern und ihn später wieder zurückgewinnen.

Carbazol statt Strom

"Die Elektroautos der Zukunft werden Carbazol statt Strom tanken", so Professor Wolfgang Arlt, Verfahrenstechniker an der Uni Erlangen, gegenüber der Zeitschrift. Mit dem in Carbazol gespeicherten Wasserstoff könnte in Autos eine Brennstoffzelle zur Stromerzeugung betrieben werden. Statt Benzin oder Strom würde der Autofahrer an der Tankstelle einfach "aufgeladenes", energiereiches Carbazol tanken, und gleichzeitig "entladenes", energiearmes Carbazol ablassen.

Carbazol-Technik im Auto

© AUTO BILD/Manuela Heins

Grafik: (c) AUTO BILD/Manuela Heins

Auch die Politik ist hellhörig geworden: Im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) verfolgt man Arlts Forschung gespannt. "Das ist die Zukunft im Automobilbau", sagt Staatssekretär Rainer Bomba (CDU) im Gespräch mit Auto Bild. "Hier müssen wir massiv investieren, hier können wir Weltmarktführer werden." Das BMVBS will ein Forschungsprojekt des Erlanger Instituts für Verfahrenstechnik mit zunächst 400.000 Euro unterstützen. Die Unternehmen BMW, MAN und Siemens sind mit im Boot. Gegenüber der Zeitschrift bestätigte auch Daimler, dass man sich intensiv mit dem Thema befasse.

Kopplung an Stromerzeugung
Das energiearme Carbazol könnte dezentral mit Energie angereichert werden; ökologisch am sinnvollsten wäre das direkt an Orten, an denen Strom produziert wird, etwa in Windparks in der Nordsee oder sogar mit Solarenergie in der Sahara. Carbazol lässt sich nämlich - anders als Wasserstoff - ungefährlich und ohne Verluste über weite Strecken in Pipelines transportieren oder druckfrei in Tanks lagern. Ein weiterer Vorteil des neuen E-Sprits: "Carbazol ist als energietragende Substanz deswegen so gut, weil es sich um einen geschlossenen Kreislauf handelt. Die Atmosphäre wird nicht belastet, anders als bei der Nutzung fossiler Brennstoffe", so Professor Arlt.

Der Carbazol-Kreislauf

© AUTO BILD/Manuela Heins

Grafik: (c) AUTO BILD/Manuela Heins

Laut Arlt werden acht bis zehn Jahre Entwicklungszeit vergehen, bis Carbazol den Automarkt revolutioniert: "Schließlich geht es hier um die Umstellung einer kompletten Infrastruktur von fossilen Brennstoffen auf ein neues System. Und das muss sorgfältig geplant werden."

Hintergrund: Carbazol
(N-Ethyl-)Carbazol ist ein Kohlenwasserstoff mit der chemischen Formel C12H9N. Es ist mit einem spezifischen Gewicht von 1,1 Kilo pro Liter etwas schwerer als Wasser. Carbazol riecht ähnlich wie Dieselkraftstoff und bildet wie dieser keine explosiven Gemische mit Luft. Als Perhydro-Carbazol speichert Carbazol doppelt so viel Wasserstoff wie ein 700-Bar-Drucktank.

Hintergrund: E-Mobilität
Elektroantriebe haben sich bisher noch nicht gegen Verbrenner durchsetzen können. Gründe dafür: Akku sind zu groß, zu schwer und zu teuer, die Ladezeiten zu lang. Bei E-Autos mit Brennstoffzellen birgt vor allem der gefährliche Umgang mit dem flüchtigen und hochexplosiven Wasserstoff Probleme. Der dafür nötige hohe Energieaufwand zerstört zudem die gute Ökobilanz von Wasserstoff.
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