Autoindustrie gewinnt Zeit

Neues CO2-Ziel: Deutsche Hersteller profitieren

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Alle EU-Mitgliedsländer stimmten dem neuen Kompromiss zu.

Nach dem Ende der Blockadehaltung Deutschlands haben die EU-Staaten, wie berichtet , am vergangenen Freitag den Weg für strengere Pkw-Abgasnormen freigemacht. Die Vertreter der Mitgliedsländer stimmten einem mit dem Europäischen Parlament ausgehandelten neuen Kompromiss zu, der eine langsamere Einführung der CO2-Vorschriften und eine großzügigere Anrechnung von Elektroautos vorsieht.

Deutschland legte sich quer
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte eine vorherige Fassung im Sommer abgelehnt und damit die Nachverhandlungen erzwungen. Der neuen Version gab die deutsche Regierung nun ihren Segen. Bevor die Regeln in Kraft treten können, muss noch das EU-Parlament zustimmen. Dort zeichnete sich aber zuletzt eine Mehrheit ab.

Dem schon am Dienstag ausgehandelten Kompromiss zufolge soll die bisher für 2020 angepeilte Grenze von maximal 95 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer für alle neuen Autos erst 2021 gelten. Im Vorjahr müssen nur 95 Prozent der Fahrzeuge diese Bedingung erfüllen.

"Supercredits"
Zudem können sich Autobauer emissionsfreie Elektrofahrzeuge als sogenannte "Supercredits" stärker als Entlastung anrechnen lassen. So gilt die Anrechnung nicht nur für ein Jahr, sondern von 2020 bis 2023. Die Hersteller können in dem Zeitraum selbst entscheiden, wann sie wie viele Supercredits nutzen. Die deutsche Regierung wollte den Autobauern ursprünglich noch weiter entgegen kommen und hatte eine vierjährige Übergangszeit vorgeschlagen. Dies war aber bei den Vertretern des EU-Parlaments auf Ablehnung gestoßen.

Ein Vertreter der Autobranche hatte am Donnerstag den zwischen litauischer EU-Ratspräsidentschaft und Unterhändlern des EU-Parlaments ausgehandelten Kompromiss begrüßt. Dieser bringe Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Vorschlag, sagte der Insider zu Reuters. Es gebe eine - wenn auch kurze - Übergangszeit. Erfreulich sei auch die flexiblere Anrechnung der Elektroautos.

Deutsche Nobelmarken forderten Änderungen
Die EU-Institutionen hatten sich auf eine Regelung verständigt, die Forderungen deutscher Oberklasse-Autohersteller wie BMW und Mercedes aufgreift. Eine spätere Einführung von Abgas-Limits kommt vor allem ihnen und Audi entgegen, deren Fahrzeuge schwerer und leistungsstärker sind und die deshalb mehr Sprit verbrauchen. Daimler und BMW setzen zugleich auf Elektroautos, so dass sie auch von der großzügigeren Anrechnung dieser Fahrzeuge profitieren dürften.

Nach Berechnungen der Umweltschutzorganisation Transport & Environment steigt der Ausstoß an Kohlenstoffdioxid durch den neuen Kompromiss zusätzlich um etwa 50 Mio. Tonnen. Auch die Grünen im EU-Parlament hatten die Pläne als Rückschlag für die europäische Klimapolitik gewertet. Kritiker werfen Kanzlerin Merkel vor, die Interessen der deutschen Autokonzerne über den Umweltschutz gestellt zu haben.

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