Pariser Autosalon 2010

Autobranche vertagt die Elektro-Revolution

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Reine E-Flitzer sind auf dem Pariser Autosalon in Wahrheit nur Blickfang.

Wie im Vorfeld berichtet, ist der Autosalon in Paris ein wichtiger Gradmesser für die Zukunft der Elektroautos und nun steht fest, dass die Elektro-Revolution in der Automobilindustrie vertagt ist: Zwar haben alle großen Hersteller in den Ausstellungshallen Stromautos ins Scheinwerferlicht gerollt, doch richtig massentauglich sind die Elektrokarossen noch lange nicht - die Batterietechnik ist extrem teuer und noch nicht für Langstrecken geeignet. Einige Hersteller lassen langbeinige Hostessen für die Fotografen posieren - andere versuchen mit Folklore und lauter Musik Aufmerksamkeit auf die batteriebetriebenen Stadtflitzer zu ziehen. Und so taugt die Zukunft des Autos vorerst nur als Blickfang an den Messeständen.

Nische in der Nische
"Die Hersteller haben den Eindruck erweckt, dass sie Elektroautos bereits jetzt in Großserie anbieten werden. In Wirklichkeit ist es aber nur eine Nische in der Nische", zieht Autoprofessor Willi Dietz vom Institut für Automobilwirtschaft an der Uni Nürtingen-Geislingen eine Bilanz der ersten Messetage. "Die meisten Hersteller geben Stückzahlen zwischen 20.000 und 30.000 Einheiten an, wenn man sie fragt. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein", kritisiert Dietz.

Hybrid gehört zunächst die Zukunft
Tatsächlich auf den Straßen zu sehen sein werden Hybridwagen, die einen herkömmlichen Verbrennungsmotor mit einem elektrischen Hilfsaggregat kombinieren - von reinen Elektrowagen sind diese Fahrzeuge noch ein ganzes Stück entfernt. Autos, die kein Benzin oder Diesel mehr benötigen, werden Experten zufolge erst in zehn bis 20 Jahren ihren Durchbruch feiern.

Das Umsteuern in eine umweltfreundlichere Zukunft vollzieht sich damit in Tippelschritten. Das liegt auch daran, dass die meist weit über 30.000 Euro teuren batteriebetriebenen Neuentwicklungen nichts für kleine Portemonnaies sind. Die Masse der Verbraucher kann nicht so einfach umsteigen. Experten gehen davon aus, dass Elektroautos zunächst etwas für die betuchte Kundschaft sein werden, die sich einen solchen Stadtflitzer als Dritt- oder Viertwagen leisten kann. Der Anteil an den Neuzulassungen dürfte daher zunächst sehr gering sein - im Bereich von wenigen Prozent, schätzen Marktforscher.

Deutlich höher dürfte der Anteil von Hybridautos sein, bei denen japanische Hersteller wie Toyota und Honda Motor die Nase weit vorn haben. Der US-Autobauer Ford rechnet damit, dass in zehn Jahren bis zu 25 Prozent des Gesamtabsatzes Hybride oder Elektroautos sein werden. Der Großteil davon werde dabei auf Hybridwagen entfallen, schätzt Ford-Deutschlandchef Bernhard Mattes.

Staatliche Hilfen
Die Branche setzt daher auf staatliche Hilfen, um die teure Batterietechnik den Kunden zu erschwinglichen Preisen anbieten zu können. In vielen Ländern greift der Staat den Herstellern mit hohen Subventionen unter die Arme, indem er Käufern eines Elektroautos mehrere Tausend Euro Prämie gewährt. Mattes glaubt allerdings nicht, dass die deutsche Regierung dem Beispiel folgen und nach der Abwrackprämie des vergangenen Jahres nun Subventionen für Elektroautos auflegen wird.

Kritik
Autoprofessor Diez bemängelt, dass die meisten Hersteller keine Auskunft über die Preise für Elektrofahrzeuge geben. "Viele Anbieter kalkulieren auf Leasing-Basis, und die ist manipulierbar." So biete etwa Daimler den Elektro-Smart für 700 Euro im Monat an. "Das ist nicht kostendeckend." Im Durchschnitt lägen die Leasingangebote für Elektroautos zwischen 500 und über 1.000 Euro. Diez führt das darauf zurück, dass die Autobauer noch unsicher sind, wie das Absatzpotenzial ist. "Niemand kann vorhersagen, wann der Ölpreis auf 150 Dollar steigt." Erst wenn der Benzinpreis bei drei Euro liege, würden Elektroautos zu einer Alternative, die sich für den Verbraucher auch rechne, schätzt Diez. 

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