Wer haftet bei Unfall?

Rechtssicherheit für Roboterautos gefordert

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Bis zum Sommer 2017 ist in Österreich eine Rechtsfragen-Klärung geplant.

Technische Systeme zum autonomen oder teilautonomen Fahren befreien den Autolenker nicht von der Pflicht, bei Bedarf wieder selbst die Herrschaft über das Kfz zu übernehmen. "Der Lenker muss immer eingreifen können", so Autoversicherungsexperte Günter Albrecht vom heimischen Versicherungsverband. "Wenn er nicht oder falsch eingreift, kann er auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden."

Kein haftungsrechtlicher Unterschied

Für teilautonomes oder völlig automatisiertes Fahren gebe es haftungsrechtlich keinen Unterschied. Im heimischen Recht werde immer davon ausgegangen, dass an sich der Fahrer das Fahrzeug lenke, sagte Albrecht am Montag im Gespräch mit der APA. Das derzeitige rechtliche System, inklusive der Verordnung des Verkehrsministers über Rahmenbedingungen für automatisiertes Fahren (Automatisiertes Fahren Verordnung - AutomatFahrV) von Dezember 2016, sehe vor, dass ein Lenker jederzeitig eingreifen können müsse. Insofern erübrige sich auch die - jetzt in Deutschland diskutierte - Frage, wie sich Haftung zuordnen lasse, wenn manchmal der Fahrer und manchmal der Computer fährt. "Das macht haftungsrechtlich keinen Unterschied", betont der Experte.

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"Wenn ein Fahrer falsch reagiert, haftet er straf- und zivilrechtlich", so Albrecht, der im VVO-Verband die Abteilung Schadenversicherung Kfz-Versicherung, Allgemeine Haftpflicht, leitet. Das gelte etwa für den Fall, dass jemand dem vor ihm unterwegs befindlichen Fahrzeug hinten auffährt. Dabei handle es sich um eine Verschuldenshaftung, für die die Auto-Haftpflichtversicherung geradestehen müsse, "das ist ein ganz normaler Haftpflichtschaden". Ähnliches gelte für den Tempomat, den man als Fahrer ebenfalls bei Bedarf rechtzeitig wieder auf manuelle Temporegulierung umstellen müsse. "In Fällen, wo der Fahrzeughalter oder -lenker haftet, zahlt die Haftpflicht." Das gelte auch für die Gefährdungshaftung - wenn es etwa durch ein technisches Versagen, zum Beispiel einen Reifenplatzer auf der Autobahn, zu einem Unfall kommt.

Judikatur ist entscheidend

Was an "adäquatem" Verhalten - also rechtzeitigem Reagieren - dem Autolenker abverlangt werden könne, lasse sich wohl nur schwerlich im Vorhinein regeln, meint der Experte zu der jüngsten Forderung des deutschen Dachverbands der TÜV-Gesellschaften, der eine rechts- und gerichtssichere Konkretisierung der Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen Fahrer und technischem System verlangt. Entscheidend sei die Judikatur, so Albrecht, die liege auch in Österreich aus Verwaltungsstrafverfahren oder Gerichtsentscheidungen vor: "Die Judikatur sagt ja, wie einzugreifen ist und wie schnell jemand in einer bestimmten Situation reagieren muss."

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Über die zivilrechtliche Haftung hinaus kann sich ein Lenker auch strafrechtlich verantworten müssen - beim nichtautomatisierten wie beim automatischen Fahren. Albrecht: "Wenn ich an einem Radfahrer zu knapp vorbeifahre, stoße ihn um und er verletzt sich", dann gehe es um das Delikt der fahrlässigen Körperverletzung.

Rechtsfragen-Klärung bis Sommer geplant

In Österreich soll bis Sommer eine Expertengruppe neben technischen auch rechtliche und ethische Fragen rund ums autonome Fahren klären, so das Infrastrukturministerium am Montag zur APA. Zu klären sind etwa Haftungsfragen, aber auch wohin das Fahrzeug lenken soll, wenn ein Hindernis auftaucht und rechts eine Schlucht und links eine Schülergruppe zur Auswahl stehen.

Derzeit läuft ein Testbetrieb, der zumindest noch bis Ende 2018 dauert. Bei diesen Fahrten ist immer ein Testpilot mit an Bord. "Die Testfahrten nützen einerseits der Industrie, um die neue Technologie zu erforschen. Andererseits dienen sie dem Verkehrsministerium dazu, wichtige Erkenntnisse über automatisierte Systeme im Straßenverkehr zu sammeln und auf dieser Basis eine rechtliche Regelung für selbstfahrende Autos in Österreich zu entwickeln", so das Ministerium. In Deutschland wurde gerade ein Gesetzesentwurf für das autonome Fahren präsentiert.

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