Elektrischer Golf- & Käfer-Erbe

ID.3 ist da: VW startet Angriff auf Elektro-Massenmarkt

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Serienversion des wichtigsten Modells des VW-Konzerns wurde präsentiert.

VW hat zum Auftakt der IAA in Frankfurt (Publikumstage 12. bis 22. September 2019) die Serienversion des  ID.3  vorgestellt. Mit dem kompakten Stromer beginnt für den Konzern das Elektrozeitalter so richtig. Zwar hat der Hersteller mit e-Golf und e-Up! bereits zwei rein elektrische Modelle im Programm, doch bei diesen handelt es sich um umgebaute Verbrennermodelle. Der ID.3 basiert als erstes Konzernmodell auf dem Modularen Elektrobaukasten (MEB). Diese Technologie, die durch Nutzung vieler gleicher Teile auch Kosten spart, soll in den kommenden drei Jahren bei insgesamt 33 Modellanläufen (inkl. Audi, Skoda und VW) verwendet werden. Der erste Vertreter der ID-Reihe soll E-Mobilität massentauglich machen. "Der ID.3 ist mehr als ein neues Modell. Das ist das Auto, das von uns jetzt erwartet wird", sagte VW-Vorstandschef Herbert Diess in Frankfurt.

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Tritt in Fußstapfen von Golf und Käfer

Die Ziffer 3 hat laut VW zwei Bedeutungen: Zum einen weist sie den ID.3 als Vertreter des Kompaktsegments aus, denn in der internen wie branchenweiten Klasseneinteilung ist es die dritte Größenordnung. Zum anderen beginnt mit dem ID.3 nach dem Käfer und dem ersten Golf das dritte große Kapitel von strategischer Bedeutung in der Geschichte der Marke Volkswagen. Der Auftakt ist jedenfalls gelungen. Denn die  30.000 Fahrzeuge des ID.3 „1st“  Vorbestellkontingents sind bereits alle reserviert. Jeder Vorbesteller musste dabei eine Anzahlung von 1.000 Euro leisten. In Österreich war die limitierte Charge, wie berichtet, bereits nach wenigen Stunden vergriffen.

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Design und Abmessungen

Außen orientiert sich das Serienmodell stark an der  2016er-Studie „I.D.“. Die nahezu geschlossene Front verfügt nur im unteren Bereich der Schürze über einen breiten Lufteinlass, Kühlergrill gibt es keinen. Die LED-Scheinwerfer verfügen über ein markantes Tagfahrlicht und werden mit einem Leuchtenband, das nur vom  völlig neuen VW-Logo  unterbrochen wird, verbunden. Dieses Gesicht tragen künftig fast alle Modelle der ID.-Reihe. Die Seitenansicht ist sehr aerodynamisch gezeichnet. Hier stechen die großen Räder, die schmale A-Säule inklusive zusätzlichem Seitenfenster und der Dachkantenspoiler ins Auge. Das Heck wird wiederum von den zweigeteilten LED-Leuchten, die sich zur Mitte hin verschmälern, geprägt. Zudem fallen die beiden Windabweiser entlang der C-Säule auf. Insgesamt erinnert der ID.3 stark an die seriennahe Seat-Studie el-born, die auf die identische Technik setzt. Von den Abmessungen her liegt der Stromer auf Niveau des Golf VII, soll innen aber soviel Platz wie ein rund 4,70 m langer Passat bieten. Konkret ist der ID.3 4,26 Meter lang (Golf: 4,27 m), 1,81 Meter breit (Golf: 1,79 m) und 1,55 Meter hoch (Golf: 1,48 m). Der höhere Aufbau liegt am Batteriepaket, das sich im Fahrzeugboden befindet. Für das großzügige Raumangebot ist wiederum der extrem lange Radstand von 2,77 Meter (Golf: 2,63 cm) verantwortlich. Die 14 cm mehr kommen den Passagieren zugute. Selbst im Fond finden zwei Meter große Personen Platz. Der Kofferraum liegt mit 385 Liter wiederum auf Golf-Niveau (380 Liter). Da es keinen störenden Mitteltunnel gibt, bleibt zwischen den Vordersitzen viel Platz für Fächer, Becherhalter oder die induktive Smartphone-Ladeschale.

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Antrieb, Batterien und Reichweite

VW bietet den ID.3 in zwei Leistungsstufen an. Der 110 kW (150 PS) bzw. 150 kW (204 PS) starke Elektromotor sitzt im Heck und treibt auch die Hinterachse an. Das maximale Drehmoment liegt jeweils bei 310 Nm. Fahrleistungen wurden noch nicht verraten. Die Höchstgeschwindigkeit wird aber bei 160 km/h abgeregelt. Bei der Reichweite können sich die Kunden je nach Bedarf für eine von drei Batteriegrößen entscheiden. Die Basisvariante hat einen nutzbaren Energiegehalt von 45 kWh und ermöglicht eine elektrische Reichweite von bis zu 330 Kilometern (WLTP). Darauf folgt eine Batterievariante mit 58 kWh; in diesem Fall bietet der ID.3 eine Reichweite von bis zu 420 Kilometern (WLTP). Das schaffen auch Kia  e-Soule-Niro  und Hyundai  Kona Electric . Der Energiegehalt der größten Batterievariante liegt bei 77 kWh, deren elektrische Reichweite bei bis zu 550 Kilometern (WLTP) liegt. Damit erreicht das Auto das Niveau des Tesla  Model 3 mit großer Batterie . Dank seiner Schnellladefähigkeit lassen sich beim elektrischen Golf-Erben mit 100 kW Ladeleistung innerhalb von 30 Minuten rund 290 Kilometer Reichweite (WLTP) nachladen. Für den Heimgebrauch bietet VW mit dem ID.Charger eine eigene Wallbox in zwei Versionen mit unterschiedlicher Ladeleistung an. Auf die Batterien des ID.3 gibt VW eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 gefahrenen Kilometern. Während BMW beim i3/i3s auf extremen (Karbon-)Leichtbau setzt, vertraut VW bei der ID-Reihe auf konventionelle Materialien wie Stahl (Karosserie) und Aluminium (Crashstruktur und Aufhängung). Damit bringt der ID.3 zwar rund 1,6 Tonnen auf die Waage, kann aber auch deutlich günstiger angeboten werden. Zudem bietet das höhere Gewicht sogar Vorteile bei der Rekuperation. Die zurückgewonnene Bremsenergie, die wieder in den Akku fließt, fällt so deutlich höher aus.

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Cockpit (fast) ohne Tasten

Im Innenraum müssen sich VW-Fahrer umstellen. Obwohl das Layout insgesamt normal und übersichtlich ausfällt, gibt es Neuerungen, an die man sich erst einmal gewöhnen muss. So gibt es nur mehr für die Warnblinkanlage und die Fensterheber echte Tasten. Alles andere wird über Touch bedient. Hinter dem Multifunktionslenkrad mit integrierten Touchflächen sitzt – direkt auf der Lenksäule - ein Display, auf dem alle fahrrelevanten Informationen angezeigt werden. Links sind die Daten zu den Assistenzsystemen zu sehen. Mittig gibt es die Geschwindigkeitsanzeige sowie den Batteriestatus. Auf der rechten Seite werden Navigationsanweisungen sowie die Gangwahl dargestellt. Besonders speziell: Rechts neben dem Display befindet sich – ähnlich wie im BMW i3 – ein drehbarer Hebel für die Gangwahl (vorwärts, rückwärts und parken).  Der „Lichtschalter“ sitzt nach wie vor links vom Lenkrad, wird jedoch per Touch-Funktionen mit berührungssensitiven Tasten bedient.  

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Touchscreen und Vernetzung

In der Mittelkonsole gibt es einen 10 Zoll großen Touchscreen, der weit oben platziert ist und sich somit genau auf Sichthöhe befindet. Zudem ist das Display leicht dem Fahrer zugeneigt. Hier werden Funktionen wie Infotainment, Navigation, Telefon oder Klimaautomatik gesteuert. Darüber hinaus kann hier auch eine größere Navigationskarte angezeigt werden. Unter dem Display befinden sich Bedienflächen mit denen man Schnelleinstellungen (Klima, Radio, etc.) öffnen kann. Die Lautstärke wird über einen virtuellen Schieberegler unterhalb des Touchscreens bedient. Hinzu kommt eine intelligente Sprachsteuerung, die mit dem Befehl „Hey, ID.“ aufgeweckt wird und auch natürliche Spracheingaben verstehen soll. Über die Funktion App-Connect lässt sich der ID.3 mit dem Smartphone verbinden. Darüber hinaus ist das Fahrzeug dank integrierte eSIM stets online und kann Updates auch „over the air“ erhalten. So muss der Fahrer nicht extra in die Werkstatt fahren, um sich beispielsweise die neuesten Navikarten ins Auto zu laden.

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Innovationen und Assistenzsysteme

Ein absolutes Novum ist das sogenannte ID.Light. Dabei handelt es sich um ein LED-Band im Armaturenbrett, das den Fahrer bei der Navigation unterstützt und ihn bei Gefahr beispielsweise zum Bremsen auffordern kann. Optional bietet VW sogar ein Head-up-Display mit Augmented Reality an. Dieses projiziert die Infos nicht einfach in die Windschutzscheibe, sondern kann beispielsweise Navigationshinweise optisch drei bis neun Meter vor dem Auto auf die Straße spiegeln. Natürlich sind auch moderne Assistenzsysteme an Bord (teils gegen Aufpreis). Dank diesen kann sich der ID.3 auch teilautonom durch den Verkehr schlängeln. Highlights sind der Front Assist mit Notbremsfunktion und Multikollisionsbremse, der Spurhalte- und Spurwechselassistent, der Parkassistent mit Rückfahrkamera sowie eine Einparkhilfe mit Rangierbremsfunktion.

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Verfügbarkeit und Preis

Die Auslieferungen des neuen „Volks-Stromers“ starten Mitte 2020. Der Einstiegspreis der ID.3 Version mit kleinster Batterie liegt laut VW in Österreich voraussichtlich um die 30.000 Euro. Damit rangiert er preislich auf Augenhöhe mit dem Opel Corsa e (ab 29.999 Euro). Mini Cooper SE (ab rund 32.500 Euro),  Honda e  (ab rund 35.000 Euro) oder Peugeot  e-208  (ab rund 32.000 Euro) liegen etwas darüber. All diese neuen Stromer starten ebenfalls im Jahr 2020. Ein gut ausgestatteter Diesel-Golf kostet ungefähr gleich viel. Der  Golf VIII wird am 24. Oktober präsentiert  und geht bereits Ende dieses Jahres an den Start. Ab Mitte 2020 wird sich zeigen, welches der beiden kompakten VW-Modelle künftig die Nase vorne haben wird.

Noch mehr Infos über VW finden Sie in unserem Marken-Channel.

VW übergibt den ID.3 CO2-neutral

Auch wenn es noch lange Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren geben wird, führt an Elektroautos über kurz oder lang kein Weg vorbei. Die Politik hat sich in fast allen wichtigen Ländern dazu verschrieben. Darüber, ob die Stromer tatsächlich umweltfreundlicher sind als Benziner und Diesel, gibt es unterschiedliche Ansichten. In Städten können sie die Luftqualität sicher verbessern, da sie lokal emissionsfrei unterwegs sind. Beim ID.3 hat sich VW für alle Zweifler aber etwas einfallen lassen. Das Fahrzeug wird den Kunden nämlich CO2-neutral übergeben. Sowohl die Lieferkette und die Herstellung der Batteriezellen als auch die Produktion sind auf dieses Ziel ausgerichtet. Zum Beispiel wird nur Strom aus erneuerbaren Quellen genutzt. Nicht vermeidbare Emissionen im Herstellungsprozess des ID.3 werden in zertifizierten Klimaprojekten ausgeglichen.

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