Lernfreudig

Chinesen holen beim Autobau rasant auf

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Bei uns werden die Autos aber erst in einigen Jahren erfolgreich sein.

Chinas Automobilingenieure lernen schnell: Seit dem Desaster um das erste Exportauto "Landwind", das bei Crashtests in Europa vor einigen Jahren mit Pauken und Trompeten durchfiel (wir berichteten), haben sie große Fortschritte gemacht. Inzwischen schneiden ihre Autos bei Sicherheitstest besser ab. Um das Tempo in der Aufholjagd zum Westen zu erhöhen, schalten die Nachfahren von Konfuzius nun einen Gang höher: Sie beteiligen sich an westlichen Herstellern und Zulieferern, um Zugang zu deren Technologie und Vertriebsnetzen zu bekommen. Nach dem Willen der chinesischen Regierung sollen die landeseigenen Autobauer langfristig weltweit eine führende Rolle übernehmen. Der größte Pkw-Markt der Welt ist China bereits.

Weltweiter Durchbruch noch nicht absehbar
Damit auch ihre Autos an die Weltspitze fahren, benötigen die Chinesen nach Überzeugung von Experten aber noch einen langen Atem: "Sie können binnen 20 Jahren keine Automobilindustrie aus dem Boden stampfen", sagte Helmut Becker. Der Leiter des Münchner Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation schätzt, dass chinesische Firmen erst in zehn Jahren in nennenswertem Umfang Autos exportieren werden. "Die haben genug auf dem riesigen Inlandsmarkt zu tun, bevor sie sich in den Export stürzen können", ist der Automobilexperte überzeugt. Andere Branchenkenner erwarten, dass es schneller geht: "Man sollte die Chinesen nie unterschätzen", sagt Franz-Rudolf Esch, Leiter des Automotive Institute for Management in Oestrich-Winkel.

Derzeit nur in China selbst bekannt
Außerhalb der Volksrepublik sind chinesische Automarken bisher kaum bekannt. Als einem der ersten gelang Geely mit der Übernahme der schwedischen Marke Volvo von Ford der Sprung ins Rampenlicht. Diesem Achtungserfolg eifern andere nun nach. Einige betätigen sich dabei auch als Aufkäufer maroder Firmen. Der Autohändler Pangda beteiligte sich an Schwedens strauchelndem Autobauer Saab. Der insolvente Autozulieferer Saargummi wurde an den chinesischen Staatskonzern CQLT verkauft. Derzeit verhandelt der führende Auto- und Lastwagenhersteller Dongfeng über eine Beteiligung am schwäbischen Getriebe-Hersteller Getrag. Die Investmentholding Joyson Automotive mit Sitz in der Nähe von Shanghai hat 75 Prozent am unterfränkischen Autoelektronik-Hersteller Preh mit 2500 Mitarbeitern übernommen.

Opel im Visier
Auch Opel könnte, wie berichtet , erneut ins Visier chinesischer Kaufinteressenten kommen. "Für BAIC wären die Rüsselsheimer wertvoller als für General Motors", meint Ferdinand Dudenhöffer. Der Leiter des CAR-Instituts an der Uni Duisburg-Essen geht davon aus, dass die Opel-Mutter Gespräche mit BAIC führt. "Sonst hätte GM das dementiert", sagt der Autoprofessor. Der US-Konzern hatte einen Medienbericht über eine angebliche Verkaufsabsicht unkommentiert gelassen. BAIC hatte bereits Interesse an Opel gezeigt, als die Marke vor zwei Jahren zum Verkauf stand.

Daumenschrauben für ausländische Hersteller
Die chinesische Regierung blickt bei ihrer Automobilstrategie nicht nur ins Ausland. Sie setzt den westlichen Herstellern von Volkswagen über GM bis Toyota im eigenen Land Daumenschrauben an. So schreibt Peking den Autobauern vor, ihre Wagen in Gemeinschaftsfirmen mit chinesischen Partnern zu bauen. "Die Chinesen haben dadurch aufgeholt, der Abstand zur westlichen Konkurrenz ist aber noch deutlich", erläutert Stefan Bratzel. Als Grund nennt Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach die Abschottungsstrategie der westlichen Konzerne. Diese hätten viel dafür getan, dass in den Gemeinschaftsunternehmen kein Know-how abfließe. Da Chinas Automobilindustrie aus Sicht ihrer Regierung nicht so rasch aufgestiegen ist wie gewünscht, sollen die Gäste aber nun mit ihren Partnern lokale Marken entwickeln. Anders als in den Joint-Ventures bisher üblich, müssen die westlichen Autobauer ihren Partnern dabei Patente für Elektroautos öffnen.

Auch in China nicht gerade erfolgreich
Bisher decken chinesische Marken nur einen kleinen Teil des heimischen Marktes ab. Nach Angaben des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA) verkauften die fünf größten chinesischen Hersteller Changan, Chery, BYD, Dongfeng und Geely in den ersten vier Monaten zusammen knapp 950.000 Einheiten. Das ist nicht einmal ein Fünftel des Riesenmarktes, der von VW und GM beherrscht wird. In den großen Städten schieben sich Autos oft Stoßstange an Stoßstange voran - dabei kann man aber oft minutenlang kein chinesisches Autos sehen. Das Straßenbild beherrschen westliche Importmarken, vor allem Luxuswagen sind beliebt.

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