Konzern-Chef warnt vor Engpässen

Neuer Abgastest wird für VW zum Kraftakt

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Durch das WLTP-Verfahren wird es zu Auslieferungsverzögerungen bei diversen Modellen kommen.


Die bereits  angekündigten Produktionsverzögerungen  durch das neue Abgastestverfahren WLTP wird  Volkswagen  im zweiten Halbjahr offenbar noch schwerer zu schaffen machen, als ohnehin bereits befürchtet wurde. "Klar ist, das wird im zweiten Halbjahr wirklich ein Kraftakt, auch auf der Margenseite werden", sagte VW-Chef Herbert Diess am Mittwoch in Wolfsburg. Der seit etwas mehr als 100 Tagen amtierende Österreicher will die Not zur Tugend machen und die kostspieligen Probleme mit neuen Abgastests auch zum Aufräumen im Konzern nutzen. Diess will sich bei seinem Anspruch, den weltgrößten Autobauer schneller und flexibler zu machen, nicht von schwachen Aussichten für das zweite Halbjahr bremsen lassen - ebenso wenig von neuen Milliardenkosten für die Dieselaffäre.

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Engpässe bei bestimmten Modellvarianten

Weil VW bei der Zertifizierung von Automodellen mit dem neuen Abgastest WLTP nicht nachkommt, droht dem Konzern bei Auslieferungen und Gewinn in den kommenden Monaten eine Durststrecke. "Wir werden über drei Monate voraussichtlich 30 bis 50 Prozent weniger Varianten anbieten können", sagte Diess am Mittwoch.
 
Grund ist, dass VW bei mehr als 260 Motor- und Getriebekombinationen nachmessen und neu zulassen muss. Diess will die Gelegenheit nutzen: Seit vielen Jahren gilt die Zahl der Modellvarianten im VW-Konzern als zu hoch. Das treibt die Kosten in der Entwicklung. Das Unternehmen werde das Angebotsportfolio in den kommenden Jahren auch angesichts der teuren Verzögerungen bei den Abgastests reduzieren, sagte der VW-Chef.
 

VW zum Großteil selbst schuld

An der laut Diess "überhasteten" Einführung des WLTP-Verfahrens sei Volkswagen ja ohnehin nicht ganz unschuldig, gab er mit Blick auf den Dieselskandal um manipulierte Abgastests zu. Das Problem tue trotzdem weh. "Wir haben auch gehofft, dass wir es ein bisschen besser managen, wenn wir ehrlich sind." In den nächsten Jahren kämen ebenfalls neue Zertifizierungsverfahren auf die Autobranche zu.
 
Auch wenn Finanzchef Frank Witter keinen konkreten Betrag nannte, wie viel das Schlamassel kosten wird: Volkswagen geht nach einem starken ersten Halbjahr im Tagesgeschäft nicht davon aus, dass auch der Rest des Jahres so gut verläuft.
 
 

SUV-Boom und Kotensenkung wirken positiv

Im zweiten Quartal sorgten ein Absatzplus und Erfolge bei teureren Autos wie SUV für einen deutlichen Sprung beim operativen Ergebnis. Zudem wurde die lange Zeit gewinnschwache Kernmarke VW Pkw auch dank Kostensenkungen erneut deutlich profitabler.
 
Vor Zinsen und Steuern sowie vor Sondereffekten kletterte der Gewinn fast um ein Viertel auf 5,6 Mrd. Euro - das war überraschend viel. "Aber wir können uns darauf nicht ausruhen, denn in den kommenden Quartalen liegen große Anstrengungen vor uns - vor allem im Hinblick auf die Umstellung auf den neuen WLTP-Prüfzyklus", sagte Diess. Auch eine drohende Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA, China und der EU sorge für Herausforderungen.
 

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Dieselskandal verschlingt Milliarden

Nach wie vor liegt der Dieselskandal dem Konzern mit weiteren Milliardenkosten schwer im Magen. Der Konzern stellte nun zusätzliche 600 Mio. Euro für "Rechtsverteidigungskosten" zurück. Damit steigt die Diesel-Rechnung insgesamt auf bisher 27,4 Mrd. Euro.
 
Die Sonderbelastungen sorgten auch dafür, dass der Gewinnanstieg unterm Strich mit knapp 7 Prozent auf 3,3 Mrd. Euro deutlich schmaler ausfiel als beim operativen Ergebnis. Die Konzernprognose von 6,5 bis 7,5 Prozent Betriebsgewinn vom Umsatz wird VW nur noch unter Ausklammerung der Sondereinflüsse erreichen.
 
 

Insgesamt laufen die Geschäfte gut

Volkswagen hat mit seinen zwölf Fahrzeugmarken und der Mobilitätssparte Moia insgesamt aber einen guten Lauf - und kann die Belastungen damit zumindest bisher finanziell weitgehend abfedern. Zwischen April und Juni kletterten die Auslieferungen im Jahresvergleich um knapp 7 Prozent auf 2,8 Millionen Fahrzeuge. Der Umsatz stieg um 3,4 Prozent auf 61,1 Mrd. Euro.
 
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