"Geteilte" Autos

Carsharing in Wien kommt in Fahrt

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Anbieter setzen auf unterschiedliche Systeme

Das Auto als Alternative fürs Auto: Carsharing ist in Wien plötzlich ein Thema. Zwar ist ein Anbieter schon seit Jahren in der Bundeshauptstadt (sowie in ganz Österreich) aktiv, im Zuge der aktuellen Verkehrsdebatten im rot-grünen Wien wird das aber auch von einer breiteren Öffentlichkeit bemerkt. Inzwischen können Stadtmenschen, die ihr Auto mit anderen teilen wollen, bereits aus zwei relativ großen Flotten auswählen. Weitere sollen folgen. Was die Sache nun endlich auch unübersichtlicher macht. Denn die jeweiligen Konzepte sind höchst unterschiedlich.

Spezielle Parkplätze
Eigentlich ist es fast schon wieder lustig: In Wien wird ein Thema erst dann groß, wenn das schlimmste aller möglichen Übel passiert - nämlich wenn Parkplätze "vernichtet" werden. Die Firma "Carsharing.at", also der kürzlich vom US-Unternehmen Zipcar übernommene Platzhirsch, verfügt nun nämlich über Plätze im öffentlichen Raum (Bild oben) als Anmietstationen. Bisher waren die Carsharing-Cars auf privaten Flächen oder in Garagen geparkt.

Die von der Stadt forcierte Maßnahme sorgte zum Teil für Kritik, weil die betroffenen Flächen für andere Fahrzeuge damit tabu sind. Was unangenehm ist für Besitzer von Autos, ist gut für Anrainer, die Carsharing benutzen: Denn die müssen, wenn sie ihren mobilen Untersatz zurückgeben, nicht lange einen Parkplatz suchen. Dies ist gleichzeitig eines der wesentlichsten Kennzeichen des Zipcar-Systems (ganz früher: Denzeldrive): Die Mietwägen müssen an einem bestimmten Ort abgeholt und nach Ablauf der reservierten Zeit wieder dort abgestellt werden.

Daimler geht anderen Weg
Der Konkurrent Car2Go von Daimler setzt auf eine völlig andere Methode: Die Autos stehen auf "normalen" Parkplätzen. Die Kunden buchen spontan und stellen den Teil-Pkw nach Ende der Fahrt irgendwo ab (also im Geschäftsgebiet, das einen großen Teil der Stadt umfasst). Die Parkgebühren zahlt die Firma. Der 500 Fahrzeuge umfassende Car2Go-Fuhrpark besteht aus einem einzigen Modell-Typ: den kleinen Smart.

Und dies ist auch einer der Gründe, warum etwa die Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (G) von dem System dem Vernehmen nach nur mäßig begeistert ist. Denn Car2Go ist nicht nur eine Alternative für autolose Städter, sondern vor allem eine für das Unterwegssein in der Stadt. Wer nicht Öffis bzw. Taxis nehmen oder gar zu Fuß gehen will, dem wird hier eine Möglichkeit geboten. Menschen, die ein Auto brauchen, um weitere Strecken zurückzulegen, Transporte durchzuführen oder die mit Familie unterwegs sind, schauen durch die Finger.

Der Eindruck, dass Car2Go eher nichts dagegen hat, wenn das Auto als Stadtverkehrsmittel neu entdeckt wird, täuscht wohl nicht. Immerhin steckt der Hersteller selbst, also der Daimler-Konzern, hinter dem Projekt. Wobei man dem neuen Anbieter keinesfalls Unrecht tun darf: Dessen beachtliche Werbeoffensive und die "gebrandeten" City-Flitzer haben mit dazu beigetragen, Carsharing in Wien zum Thema zu machen.

Zukunft hängt von diversen Faktoren ab
Die Zukunft des Autoteilens in der Donaumetropole wird wohl unter anderem davon abhängen, ob es annähernd die Vorteile des eigenen Autos ohne dessen Nachteile (hohe Kosten, Parkplatzproblem, Wartungsaufwand etc.) bieten kann. Dazu wird wohl nötig sein, Fahrzeuge aller Kategorien zur Verfügung zu stellen - auch größere oder teure. Dass es dafür einen Bedarf gibt, zeigt ein Blick auf den Straßenalltag.

Auch bei den Tarifmodellen gibt es wohl noch Spielraum. Denn noch ist zum Beispiel bei mehrtägigem Gebrauch ein Mietauto deutlich billiger als ein geteiltes Gefährt - den (beim Carsharing-Tarif inkludierten) Benzinverbrauch schon mitberücksichtigt. Dies mindert die Attraktivität der Carsharing-Angebote beträchtlich.

Schließlich besteht auch die Gefahr, dass die prinzipiell sehr zu begrüßende Vielfalt es auch mühsam macht. Hier wäre zu überlegen, ob es nicht eine gemeinsame Plattform, Zutrittskarte, Anmeldung etc. geben sollte. Denn wer sich ständig zwischen dem überall abstellbaren Stadtflitzer, "normalem" Carsharing-Modellen oder Mietauto entscheiden muss, könnte sich bald eine Alternative überlegen. Die muss nicht zwingend Rad, Bim oder Bahn heißen, sondern zum Beispiel auch: Ein eigenes Auto.

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