"Schwarm-Verhalten"

Neue Steuer-Software für autonome Autos

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Schweizer Forscher haben Algorithmus für Roboterfahrzeuge entwickelt.

Im Wandel hin zum automatisierten Fahren müssen sich die neuen Fahrzeuge in den Verkehr aus manuell gelenkten Autos einordnen. Im Rahmen eines europäischen Projekts haben Forscher in der Schweiz einen Algorithmus entwickelt, der einen Konvoi aus autonomen Fahrzeugen flexibel auf den Verkehr reagieren lässt.

Es gibt keinen "Anführer" der Kolonne mehr

Damit autonome und manuell gelenkte Fahrzeuge im Zuge des Mobilitätswandels gemeinsam das Straßennetz nutzen können, untersuchen Wissenschafter die Möglichkeit, die fahrerlosen Gefährte in Kolonne fahren zu lassen. Ein erfolgreicher Test dafür gelang bereits in Australien: Ein normal gelenkter Lastwagen fuhr vorneweg, und es folgte eine Reihe fahrerloser Lastenschlepper mit konstanter Geschwindigkeit und in regelmäßigen Abständen.

Allerdings verhält sich ein solcher "Entenmarsch" aus autonomen Fahrzeugen wie ein unflexibler Block und lässt sich nur bis zu einer gewissen Anzahl Gefährte gut kontrollieren. Im Rahmen des europäischen Projekts "AutoNet2030" haben Forschende der ETH Lausanne (EPFL) daher eine neue Software entwickelt, die die Kolonne mehr zu einer Art Schwarm werden lässt, wie die Hochschule am Montag mitteilte.

Dabei gebe es keinen "Anführer" der Kolonne mehr, da jedes Gefährt seine Umgebung mit Sensoren und GPS erfasst und diese Daten mit den umliegenden Fahrzeugen austauscht, schrieb die EPFL. Dadurch kann jedes einzelne Fahrzeug unabhängig seine Geschwindigkeit und Position im "Schwarm" anpassen.

Roboterautos können mehrere Fahrspuren nutzen

Das erlaubt der Wagenkolonne, auf mehreren Spuren einer Autobahn verteilt unterwegs zu sein und sich neu zu organisieren, sobald ein Fahrzeug - egal ob autonom oder manuell gesteuert - dazustößt oder den Konvoi verlässt. Auch an andere Gegebenheiten wie Spurwechsel und Tempolimite passt sich der Konvoi ständig in Echtzeit an.

"Wir arbeiten seit etwa zehn Jahren an dieser Art von verteiltem Kontrollalgorithmus", so Alcherio Martinoli von der EPFL. "Grob zusammengefasst besteht die Idee darin, Akteure (Roboter oder Fahrzeuge), die individuell nicht unbedingt sehr schlau sind, kooperieren zu lassen, um ein komplexes allgemeines Verhalten zu bekommen."

Zunächst ließen die EPFL-Forscher mit ihrem Algorithmus Roboter in Simulation zusammenarbeiten, später testeten sie ihn an echten Mini-Robotern. Dann entwickelten sie ihn für Fahrzeuge im Simulator weiter, bevor sie für das AutoNet2030-Projekt zu echten Wagen übergingen.

Praxistest fand mit Lkw und Pkws statt

Ende Oktober 2016 fand dann in Schweden die Probe aufs Exempel statt, wie die EPFL mitteilte: Auf einer Teststrecke ließen die Forschenden einen automatisierten Lastwagen, einen autonom fahrenden und einen manuell gesteuerten Personenwagen zusammen fahren (siehe Video).

Die Forschenden rüsteten das nicht-automatisierte Auto dabei mit GPS und Laser-Sensoren, sowie mit einer Mensch-Maschinen-Schnittstelle aus, die dem Fahrer Anweisungen vermittelte, wie er sich in die Kolonne einfügen solle. "Auch, wenn es mit drei Fahrzeugen nicht besonders spektakulär ist, konnten wir zum ersten Mal beweisen, was wir in der Simulation bestätigt hatten. Außerdem hat die Anzahl der Fahrzeuge in der Kolonne keinen Einfluss auf die Komplexität der Kontrolle", so Martinoli.

Bisher handle es sich nur um einen Machbarkeitsnachweis, fügte Guillaume Jornod von der EPFL hinzu, der die Tests durchführte. Die Forschenden hoffen jedoch, dass sich mit der Weiterentwicklung des autonomen Fahrens und des "Internets der Dinge" solche Systeme für mehrspuriges Fahren in gemischten Kolonnen in den kommenden Jahren für den Alltagsgebrauch verwirklichen lassen.

Für das EU-finanzierte Projekt arbeiteten die Wissenschafter mit Kollegen aus Griechenland, Ungarn, Deutschland, Italien, Frankreich und Schweden zusammen.

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