Zwei Automärkte im Vergleich: D vs. USA

Viel deutlicher könnten die Unterschiede nicht sein

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In Deutschland erleben die Autoverkäufe derzeit wegen der Abwrackprämie ungeahnte Höhenflüge. Im Gegensatz dazu brechen die Verkäufe über dem großen Teich dramatisch ein. Dies bekommen aber auch die deutschen Hersteller zu spüren.

Deutschland
Dank Abwrackprämie brummt das Inlandsgeschäft der deutschen Autoindustrie - doch der Einbruch im wesentlich wichtigeren Auslandsgeschäft frisst die heimischen Erfolge auf. Wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) berichtet, wurden im ersten Halbjahr 2009 rund 2,06 Millionen Autos neu zugelassen, das sind 26 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Doch sackte der Export um 35 Prozent ab und die Produktion ging um 24 Prozent zurück. Aufs Jahr gesehen rechnet der VDA nun mit einem Exportminus von 20 und einem Produktionsrückgang von 17 Prozent. VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in Frankfurt am Main, allein im Juni seien in Deutschland 427.000 Fahrzeuge neu zugelassen worden, das seien 40 Prozent mehr als im Vorjahr. "Dies ist der höchste Juni-Wert seit der Wiedervereinigung", betonte Wissmann. Für 2009 insgesamt rechne der VDA nun mit einem Volumen von gut 3,5 Millionen Pkw in Deutschland. Gestärkt worden sei die starke Inlandsnachfrage im ersten Halbjahr von der Abwrackprämie und der Neuordnung der Kfz-Steuer. Besonders profitieren konnten die Fahrzeugkategorien Kompaktklasse sowie Klein-und Kleinstwagen, auf die laut VDA "98 Prozent des gesamten Marktzuwachses entfallen".
Doch ist die Entwicklung im Inland für den Verband kein Grund, in Euphorie zu verfallen: "Schließlich produziert die deutsche Automobilindustrie weltweit rund 11 Millionen Pkw, gut vier Fünftel davon für Kunden außerhalb Deutschlands", erläuterte Wissmann. Allerdings sehe der Verband "erste Anzeichen für Bodenbildung auf den Exportmärkten". In dem für die deutschen Hersteller inzwischen vom Volumen her wichtigsten Auslandsmarkt China gingen aktuelle Vorausschätzungen zudem von einem respektablen Marktwachstum in diesem Jahr und auch im nächsten Jahr aus.
 Die Kreditwirtschaft forderte der VDA-Präsident auf, der Branche "Rückendeckung" zu geben, das gelte vor allem für die Zuliefererindustrie. Unternehmen mit guten Produkten und guten Prognosen dürften nicht durch Liquiditätsnöte in Engpässe geraten. Einige Banken würden ihre Verantwortung hier nicht oder nicht vollends wahrnehmen, kritisierte Wissmann. Zur Kreditversorgung der Branche sagte er: "Wer behauptet, hier gebe es kein Problem, hat die Wahrheit nicht getroffen." Es sei für viele Unternehmen mühsam und langwierig, an Liquidität zu kommen.

USA
Auf dem arg gebeutelten US-Automarkt sehen erste Hersteller Licht am Ende des Tunnels. Ford konnte im Juni die Absatz-Talfahrt erstmals klar abbremsen und schob sich sogar wieder vor den lange überragenden japanischen Rivalen Toyota. Dagegen bekamen General Motors (GM) und Chrysler die Folgen ihres Überlebenskampfes heftig zu spüren. GM läuft zusätzlich die Zeit davon: Die US-Regierung hat für die zur Rettung geplante weitgehende Verstaatlichung ein Ultimatum bis Ende kommender Woche gesetzt.

Auch der weltgrößte Autobauer Toyota musste überraschend heftige Einbußen hinnehmen. Bei den deutschen Herstellern konnten BMW und Daimler den Rückgang der Verkäufe gegenüber dem Mai zumindest etwas verlangsamen, wie die Autobauer am Mittwoch bekanntgaben. Insgesamt schrumpfte der Markt im Jahresvergleich um 28 Prozent auf 860.000 verkaufte Neuwagen, wie der Marktforscher Autodata laut US-Medien errechnete. Experten rechnen für dieses Jahr mit rund zehn Millionen in den USA verkauften Autos. 2008 waren es noch mehr als 13 Millionen Stück.

Vertreter der Autobauer bekundeten dennoch Hoffnung auf eine baldige Besserung der Lage. Der Wendepunkt scheine nahe zu sein, sagte Ford-Chefanalyst George Pipas. Auch Toyota-Manager Bob Carter betonte, die Talsohle sei aus Sicht des Herstellers erreicht.
Der mitten im Insolvenzverfahren steckende GM-Konzern verkaufte im Juni fast 34 Prozent weniger Autos als ein Jahr zuvor. Insgesamt waren es 176.571 Stück. Im gesamten ersten Halbjahr brach der Absatz der bisherigen Opel-Mutter um 41 Prozent ein.

Der zweitgrößte amerikanische Autobauer Ford profitierte dagegen von der Not der US-Rivalen. Der Juni-Absatz fiel lediglich um knapp elf Prozent auf 155.195 Fahrzeuge - der geringste Rückgang seit weit über einem Jahr. Im Mai war das Minus mehr als doppelt so hoch. In den ersten sechs Monaten brachen die Verkäufe um ein Drittel ein. Toyota erlebte einen unerwartet düsteren Juni mit einem Minus von fast 35 Prozent auf 131.654 verkaufte Fahrzeuge, seit Jänner ging es damit um fast 38 Prozent nach unten. Chrysler stürzte im vergangenen Monat sogar um 42 Prozent auf 68.297 Wagen ab. Im Halbjahr lag der Einbruch bei 46 Prozent. Der kleinste der drei US-Anbieter hatte erst Mitte Juni mit dem Einstieg des italienischen Fiat-Konzerns sein Insolvenzverfahren verlassen. Bei BMW fiel der Konzernabsatz im Juni etwas weniger deutlich als zuletzt um 20 Prozent auf 20.849 Stück. Im Halbjahr ging es noch um fast 28 Prozent nach unten. Daimler litt etwas stärker und verbuchte im Juni einen Einbruch um mehr als 26 Prozent auf 16.271 Wagen - besonders stark traf es den Kleinwagen smart. In den ersten sechs Monaten verkaufte Daimler über 28 Prozent weniger Autos als ein Jahr zuvor. Bei Volkswagen beschleunigte sich der Rückgang im Vergleich zum Vormonat wieder. Die VW-Verkäufe in den USA fielen im Juni um 18 Prozent auf 19.027 Fahrzeuge. Das Minus seit Jahresbeginn: 16 Prozent. Die VW-Tochter Audi verzeichnete einen moderaten Absatzrückgang von rund acht Prozent auf 7.524 Fahrzeuge. Seit Jahresanfang ist der Absatz um 16 Prozent gesunken. Ganz hart traf es erneut Porsche. Bei dem Sportwagenbauer stürzten die Nordamerika-Verkäufe im Juni um 62 Prozent auf nur noch 1.072 Fahrzeuge.

 

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